Keine Rüstungsexporte für gesamte Jemen-Militärkoalition

Mitteilung an die Medien

Rüstungsexportmoratorium muss ausgeweitet werden/ Über 100.000 Kriegstote im Jemen

Berlin, 11. Dezember 2020

„Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“, Oxfam Deutschland und Save the Children begrüßen gemeinsam, dass das Rüstungsexportmoratorium gegenüber Saudi-Arabien erstmals um ein ganzes Jahr verlängert werden soll und die bereits erteilten Genehmigungen widerrufen werden.  Sie fordern jedoch mit Nachdruck die Bundesregierung dazu auf, weitergehende Maßnahmen zu beschließen:

Das Rüstungsexportverbot muss umfassend und zeitlich nicht befristet für alle Mitglieder der von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition gelten, solange diese am bewaffneten Konflikt beteiligt sind oder die Gefahr besteht, dass auch deutsche Rüstungsgüter zu Menschen- und Völkerrechtsverletzungen im Jemen beitragen. Zudem dürfen keine Ausnahmen für deutsche Komponentenlieferungen im Rahmen europäischer Gemeinschafts- sowie industrieller Kooperationsprojekte gelten. Dass diese Ausnahmen genutzt werden, bestätigte die Bundesregierung im Oktober auf eine parlamentarischen Anfrage: 2019 und 2020 wurde die Ausfuhr von Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien im Rahmen von Reexporten sowie Sammelausfuhrgenehmigungen für Gemeinschaftsprogramme erteilt.

Darüber hinaus appellieren die Organisationen an die Bundesregierung, der Entschließung des Europäischen Parlaments zu folgen und sich für ein EU-weites Waffenembargo gegen alle Mitglieder der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition im Jemen einzusetzen.

„Dass der Exportstopp für Saudi-Arabien bis Ende 2021 verlängert wird, ist eine gute politische Entscheidung. Dass für alle anderen Mitglieder der Militärkoalition im Jemen, darunter die Vereinigten Arabischen Emirate, weiterhin Rüstungsexporte genehmigt werden, ist dagegen eine empörende Fehlentscheidung! Menschen- und Völkerrechtsverletzungen aller Kriegsparteien wurden von verschiedenen offiziellen Seiten dokumentiert und dennoch erteilte die Bundesregierung allein im 1.Halbjahr 2020 Rüstungsexportgenehmigungen im Wert von 350 Millionen Euro an die Mitglieder der Militärkoalition. Und selbst für Saudi-Arabien wurden trotz Exportstopp Ausfuhren genehmigt. Solche Genehmigungen sind menschenrechtlich ein Skandal“, kritisiert Christine Hoffmann, pax christi- Generalsekretärin und Sprecherin der Kampagne.

Robert Lindner von Oxfam Deutschland e.V. ergänzt: „Der Krieg im Jemen hat bisher über 100.000 direkte Todesopfer gefordert, davon mindestens 12.000 Zivilist*innen. 5500 direkte Angriffe auf Zivilist*innen und zivile Ziele wurden gezählt, der Einsatz von Kindersoldaten und die Verweigerung des Zugangs zu humanitärer Hilfe dokumentiert. Die Bundesregierung ist nach nationalem und internationalem Recht verpflichtet, den Menschenrechten und dem humanitären Völkerrecht bei ihren Exportentscheidungen oberste Priorität einzuräumen. Sie engagiert sich als humanitärer Geber und als politischer Akteur zur friedlichen Beilegung des Konflikts im Jemen und dennoch liefert sie gleichzeitig Waffen und Ausrüstung an die Konfliktparteien. Das ist einfach nicht nachzuvollziehen und schadet massiv der Glaubwürdigkeit der Bundesregierung.“ 

Die Rolle europäischer Rüstungskonzerne und Behörden im Jemen-Krieg ist ein Fall für Den Haag

frieden

PRESSEMITTEILUNG

Den Haag/Sana’a/Berlin, 12. Dezember 2019 – Eurofighter, Tornados, MK80 Bomben – im Jemen-Krieg werden Rüstungsgüter europäischer Unternehmen eingesetzt. Dafür gibt es zahlreiche Belege. Leisten Manager von Rüstungsunternehmen und Beamte von Exportbehörden aus Europa damit potenziell Beihilfe zu mutmaßlichen Kriegsverbrechen, die die von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) geführte Militärkoalition im Jemen begeht? Das ist die zentrale Frage, der die Anklagebehörde (Office of the Prosecutor, OTP) des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) nachgehen soll. Dazu hat das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) gemeinsam mit Mwatana for Human Rights, Amnesty International, der Campaign Against Arms Trade, Centre d’Estudis per la Pau J.M. Delàs und Rete Disarmo am 11. Dezember 2019 bei der OTP in Den Haag eine richtungsweisende Strafanzeige (Communication) eingereicht.

Die sechs Organisationen fordern die OTP auf, die rechtliche Verantwortung wirtschaftlicher und politischer Akteure aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien zu untersuchen. Die Anzeige konzentriert sich auf folgende Unternehmen: Airbus Defence and Space S.A. (Spanien), Airbus Defence and Space GmbH (Deutschland), BAE Systems Plc. (Großbritannien), Dassault Aviation S.A. (Frankreich), Leonardo S.p.A. (Italien), MBDA UK Ltd. (Großbritannien), MBDA France S.A.S. (Frankreich), Raytheon Systems Ltd. (Großbritannien), Rheinmetall AG (Deutschland) über die Tochterfirma RMW Italia (Italien) sowie Thales (Frankreich).

Es gibt viele Belege für Angriffe der Militärkoalition auf zivile Ziele wie Wohnhäuser, Märkte, Krankenhäuser und Schulen. Dennoch versorg(t)en transnationale Rüstungsunternehmen mit Sitz in Europa die VAE und Saudi-Arabien weiter mit Waffen, Munition und logistischer Unterstützung – mit Genehmigung europäischer Exportkontrollbehörden.

„Die von Saudi-Arabien und den VAE geführte Militärkoalition legt den Jemen in Schutt und Asche – mit Waffen, die Europa und die USA produzieren und exportieren. Die zahllosen zivilen Opfer verdienen eine sorgfältige Untersuchung der Rolle all jener, die sich an diesen Verbrechen möglicherweise mitschuldig gemacht haben. Wir hoffen, dass der Internationale Strafgerichtshof dazu beiträgt, die Verbrechen im Jemen aufzuarbeiten“, sagte Radhya Almutawakel, Vorsitzende der jemenitischen Organisation Mwatana for Human Rights.

„Europäische Unternehmen – und indirekt auch europäische Staaten – profitieren von Waffenexporten an Saudi-Arabien und die Waffen. Diese Waffen aber werden im Jemen eingesetzt – möglicherweise bei Angriffen, die als Kriegsverbrechen zu werten sind“, so Linde Bryk (ECCHR) im Namen der sechs Organisationen. „Das Ziel sind Ermittlungen gegen Manager und Regierungsvertreter, also gegen jene Akteure die sich allzu oft der internationalen Strafjustiz entziehen.“

Die 350-seitige Anzeige, die das ECCHR erarbeitet hat, belegt 26 Luftangriffe der von Saudi-Arabien und den VAE geführten Militärkoalition, die Mwatana for Human Rights vor Ort dokumentiert hat und die Kriegsverbrechen nach dem Römischen Statut gleichkommen.

Luftkrieg im Jemen, Millionen droht der Hungertod und Deutschland liefert Waffen!!!

Pressemitteilung

vom Bundesausschuss Friedensratschlag

  1. November 2017

frieden

Seit März 2015 greift das saudi-arabisch geführte Militärbündnis mit Luftangriffen in den jemenitischen Bürgerkrieg ein. Die Opferzahlen sind enorm hoch. Über 10.000 tote Zivilisten soll es nach Medienberichten gegeben haben. Trotzdem gehörten die kriegführenden Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien noch im ersten Rüstungsexportbericht von 2017 (Januar bis April) zu den 10 Hauptempfängerländern deutscher Militärgüter.

Im Jahresbericht von 2016 stand Saudi-Arabien sogar an dritter Stelle aller von der Bundesregierung genehmigten Rüstungsexporte. Geliefert werden Hubschrauber, Radar-Spül-Systeme, Teile für Kampfflugzeuge, Kampfhubschrauber, Transportflugzeuge, Tankflugzeuge, Luftbetankungsausrüstung und Bodengeräte im Wert von über 529 Millionen Euro. Damit unterstützt die Bundesregierung den erbarmungslosen Luftkrieg Saudi-Arabiens!!!

Nach Angaben von UN-Nothilfekoordinator Mark Lowcock drohe Millionen Menschen im Jemen der Hungertod, wenn Riad die Blockade der See- und Flughäfen nicht aufhebe. Der Krieg im Jemen hat laut UN die „schlimmste humanitäre Krise der Welt“ ausgelöst.

17 Millionen Einwohner, das sind zwei Drittel der Bevölkerung, haben nicht ausreichend zu essen,  6,8 Millionen Menschen sind vollständig auf Lebensmittelhilfen angewiesen und schon im Juni wurde bekannt, dass 2 Millionen Kleinkinder, sowie eine Million schwangere und stillende Mütter völlig unterernährt vom Hungertod bedroht sind.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag fordert die Bundesregierung deshalb dringend auf, sofort jegliche Rüstungsexporte an die kriegführende saudi-arabische Koalition zu stoppen!

Am 18. November 2018 ruft die Friedensbewegung zu einem bundesweiten Aktionstag auf.

Die Kernforderungen  lauten:

  • Kriege beenden
  • Abrüstung für globale Gerechtigkeit
  • Entspannungspolitik jetzt
  • Atomwaffen abschaffen

 

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag

Birgit Malzahn